Witziger Post of LinkedIn. Gen Z vs. Millennials im Interview, also Bewerbungsgespräch. Ins Netz gestellt von einer Mitarbeiterin eines großen, ja riesengroßen US-Konzerns. Als jemand, der noch nicht mal den Millennials angehört, fühl ich natürlich, was die Millennialista da so sagt. Weil ich weiß, es ging sogar noch schlimmer. Und mir gefallen einige der Kommentare. So im Sinne von „Was waren wir blöd, uns alles gefallen zu lassen!“. Aber was sollten wir tun?
Hart am Ball
Man geht ja quasi immer von sich selbst aus. Und als jemand, der lange in der Industrie gearbeitet hat, bin ich durchaus manchmal noch versucht zu denken, „wenn Ihr wüsstet, was da draußen wirklich abgeht, im wahren Leben.“ Also im schnellen Leben der Konzerne, im harten Big Business und so. Ja sicher, ich geb’s zu. Ist ein bisschen ne Pride-Sache. Dass man dabei war, dass man das alles mitgemacht hat. Auch die wilden Sachen. Quasi nach dem alten Alf-Motto: „Wenn die Bälle hart gespielt werden, sind die Harten hart am Ball“. Als toxisch habe ich lange Arbeitszeiten oder weite Reisen nie empfunden. Weil ich meine Jobs (und meine Unternehmen) echt immer gemocht habe. In einem internationalen Umfeld zu arbeiten, bedeutet nun mal 24 Stunden eMail-Traffic. Ist so. Und ConCalls mit den USA sind halt öfters nachts. Selbstausbeutung? Nein, und gab ja zusätzlich auch hübsch „Schmerzensgeld“. OK, jetzt direkt die Kurve zurück zu diesem Videoclip auf LinkedIn.
Korken im Mund
Also, ich habe ACs erlebt… Ihr wisst, was das ist, oder? Falls nicht, steht für Assessment Center. Dort werden Bewerber nicht einzeln interviewt, sondern gleich direkt aufeinander losgelassen. Solch ein Spektakel machen heute glaub ich nicht mehr so Viele. Weil sehr teuer und auch weil Wissenschaftler herausgefunden haben, dass ein AC zur Prognose künftiger beruflicher Leistungen nicht wirklich taugt. Mir wurde mal der Tipp mit auf den Weg gegeben, zuhause mit einem Korken im Mund das Sprechen zu üben. Um mir eine deutlichere Aussprache anzutrainieren. Hahaha! Klassiker. Ein anderes Mal hatte ich über mehrere Monate hinweg sage und schreibe zehn Interviews. Für eine einzige Stelle. Die am Ende gar nicht besetzt wurde. In einem wieder anderen Gespräch sollte ich versuchen, meinem Gegenüber die Tischdeko zu verkaufen. Authentisch sollte man sein und zugleich den letzten Mist gelassen und souverän mitmachen. Klar, sonst war man eben raus.
Employee Value
Scheint heute nicht mehr so zu sein. Natürlich ist die Gen Z nicht cooler als die Generationen zuvor. Oder aufgeweckter. Oder tougher. Für sie haben sich einfach die Bedingungen geändert. Und für ihre Gegenseite dito. Fachkräftemangel? Pah! Normale-Kräfte-Mangel halt auch schon. Da ist es natürlich leichter mit den eigenen Bedürfnissen ordentlich aufzutrumpfen. Man muss keine Begeisterung für den Obstkorb heucheln (BTW, den gab’s bei mir noch nicht mal). Und hey, warum auch nicht!? Schön für die jungen Leute und ein bisschen gönne ich es zumindest den großen Konzernen, dass sich das Blatt wohl gerade so wendet. Sie haben ihre Aktionäre immer über alles geliebt. ÜBER ALLES. Jetzt wollen auch die Mitarbeiter Liebe. Nice to see. Auf diesem Wege dem ewigen Shareholder-Value-Gott right into the face. So smart wie die junge Frau im Video. Das ist auch mal ganz schön.
In diesem Sinne, sprecht miteinander, nicht übereinander.
Jörg
Jörg Kunz ist promovierter Biologe und PR-Experte mit vielen Jahren Erfahrung in Agentur und Industrie sowie in Expertenorganisationen wie Krankenhaus oder Hochschule. In seinen Blogbeiträgen wirft er einen persönlichen Blick auf aktuelle Ereignisse und betrachtet diese aus der Sicht der Kommunikation bzw. im speziellen aus Sicht der Wissenschaftskommunikation.