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„Der ländliche Raum braucht E-Mobilität“

15.7.2012 |

Wenn die Rohölreserven zu Neige gehen, wird das Statussymbol Auto an Wert verlieren, neue Arten der Fortbewegung werden notwendig - und E-Mobilität wird dafür wichtig sein.

Auch im ländlichen Raum. Und dass dies durchaus auch im hügeligen Bayerischen Wald möglich ist, zeigte bei der „Waldkirchner Runde“ Prof. Dr. Wolfgang Dorner vom Technologie-Campus Freyung auf. Ein Sensibilisieren sei notwendig für diese Technik, die - und auch daraus machte er keinen Hehl - eine große Herausforderung sei.

Heinrich Schmidhuber als „Runden“-Chef freute sich, mit dem Leiter der Fachakademie für Elektronik und Medientechnik am Technologie-Campus Freyung der Hochschule Deggendorf einen absoluten Fachmann für Elektromobilität zu Gast zu haben. Denn das Thema sei hochaktuell. Er sprach das Streben nach regenerativen Enegieen an und erinnerte, dass Waldkirchen da schon lange ein Vorreiter sei, so etwa mit dem Festhalten am eigenen E-Werk, der dadurch möglichen teilweisen Eigenstromerzeugung, dem Blick auf die Wasserkraft (wo für das immer wieder mal angedachte Projekt Ohmühlstausee sogar schon der Straßen-Damm angelegt sei). Auch habe der Stadtrat klipp und klar „Ja“ zur Teilnahme am E-Wald-Projekt gesagt. Dennoch gebe es Diskussionen, den Vorwurf der Unausgegorenheit und selbst in Wirtschaftskreisen höre man Für und Wider zu E-Wald. Da tue Information aus berufenem Munde gut.

E-Wald: PNP spiegelt Stand bei Kommunen

In der Tat zeigt der Blick in die Passauer Neue Presse deutlich diese bestehende Skepsis gegenüber dem Projekt, wenngleich die Mehrheit doch dafür ist: Es ist abzusehen, dass die für einen Start des Projekts im Bayerwald notwendigen 60 teilnehmenden Kommunen zusammenkommen.

Aber die Meinungen sind geteilt - der Kreisausschuss Passau erteilte einen Empfehlungsbeschluss für E-Wald, Freyung-Grafenau steigt ein, im Altlandkreis Viechtach (Kreis Regen) gibt es ein 9:4 bei den Kommunen pro E-Wald. Hauchdünn gab es in Kommunen wie Ringelai ein Nein oder Haidmühle ein Ja, unter Vorbehalt stimmte Spiegelau zu, Obernzell hat noch Erläuterungsbedarf, in Rinchnach spaltet das Thema sogar den Gemeinderat. Büchlberg und Eppenschlag machen nicht mit und auch in Schönberg zog der Gemeinderat den Stecker raus bei E-Wald, während in Kommunen wie Innernzell, Philippsreut oder auch den Städten Freyung und Waldkirchen eine Beteiligung an der GmbH beschlossene Sache ist.

Abhängigkeit vom Rohölmarkt

Erklärungsbedarf also. Und Prof. Dr. Wolfgang Dorner schaute bis zur Energiekrise zurück, um Elektromobilität umfassend darstellen zu können. Damals, in den Achtzigern, als ein Benziner auch gerne mal 20 Liter für hundert Kilometer Treibstoff verbrauchte, sei ein fortschrittlich-sparsames Modell mit 10 Liter Spritverbrauch als extrem sparsam bezeichnet worden. Heute schaue man mit ganz anderen Augen auf den Energieverbrauch. Das Thema E-Mobilität sei zwar noch immer ein „kleines Pflänzchen“, aber ein wichtiges für die Zukunft. Denn man hänge am Ölhahn mit all den Preiserhöhungen und irgendwann werde der Zeitpunkt kommen, wo der Verbrauch die Vorkommen überschreitet. Und wenn uns das Öl ausgehe, betreffe das nicht nur die Fortbewegung, sondern auch viele andere Produkte, bei deren Herstellung Rohöl im Spiel sei: „Wir müssen nach Alternativen schauen!“
Allein der Blick auf den Umstand, dass bei 100 Litern Rohöl nur 14 Prozent effektiv Vorwärtsbewegung schaffen, bei einem E-Motor dagegen der Wirkungsgrad 97 Prozent betrage, zeige den Wert, sich für E-Mobilität einzusetzen: „Da ist Fantasie und Spielraum drin!“

Gerade der ländliche Raum dürfe aber bei der E-Mobil-Zukunft nicht übersehen werden, wenngleich die Gefahr da sei, so der Professor. Er erinnerte daran, dass alle acht Modellregionen der Bundesregierung dafür in Großräumen lägen (München, Stuttgart, Rhein-Main, Rhein-Ruhr, Bremen, Hamburg, Leipzig, Berlin) und auch von 35 weiteren Projektvorschlägen nur zwei den ländlichen Raum beträfen (Harz und Allgäu).

Großraumbevölkerung mit mehr Alternativen

Dabei schreie der ländliche Raum geradezu nach Alternativen: Denn während in Ballungszentren die Menschen vielfältige andere Möglichkeiten hätten, von A nach B zu kommen (Bus, Bahn, U-Bahn, ÖPNV, Rad) und für junge Leute das Auto immer mehr an Wert und Status verliere, sei man auf dem Land darauf angewiesen: 75 Prozent müssen den eigenen Pkw benutzen, 4 Prozent den Omnibus, 9 Prozent die Bahn . . .
Prof. Dorner verhehlte nicht die Probleme, für die nach Lösungen zu suchen sei. Da ist die Reichweite. Die läge um die 150 bis 200 Kilometer, Tendenz steigend. Da seien die Steigungen, Kurven, Temperaturschwankungen, der Winter, was sich auf die Reichweite auswirke. Da sei das noch dünne Angebot der Industrie an echten E-Autos, da seien die Preise für solche Fahrzeuge und das (noch) fehlende Image. Deshalb sehe es auch der Campus in Freyung als besondere Aufgabe, viel Information rund um die E-Mobilität zu liefern und in der Region die Möglichkeiten aufzuzeigen - auch das sei Forschung für die Mobilität von morgen.

Probleme können gelöst werden

Und Prof. Dorner zeigte bei der gut besuchten „Runde“ im Hotel Gottinger eben diese Vorzüge auf. Der ländliche Raum sei durchaus dafür geeignet, wenn die Infrastruktur an Stellplätzen und Ladegeräten stimme. Hier komme auch das Projekt E-Wald ins Spiel. Regionen wie der Bayerwald hätten nicht die Mobilitätswahlmöglichkeiten wie die Großräume mit deren Infrastruktur. Deshalb sei E-Mobilität nicht eine Frage der Reichweite, sondern des Einsatzzweckes. Das heißt, man müsse Geschäftsmodelle erarbeiten, die der Bevölkerung E-Mobil-Sein ermöglichen. Auch ein Umdenken müsse einsetzen. Es müssten künftig nicht mehr zwei Benziner in der Garage stehen; es täte einer für lange Strecken, ein E-Mobil fürs Einkaufen, Bringen, Abholen, regionale Fahrten. Car-Sharing würde Sinn machen; gerade Unternehmen sähen bereits die Möglichkeiten, ihre Flotten auf den Bedarf (Benziner für lange Strecken, E-Mobil für kurze Strecken) umzustellen.

„Erst am Anfang, aber es geht uns alle an!“

Man stehe erst am Anfang, zeigte Prof. Dr. Wolfgang Dorner auf. Deshalb wolle er sensibilisieren für das Thema: „Es geht uns alle an!“
Die Diskussion zeigte anschließend, wie viel Aufklärungsbedarf wohl noch notwendig sein wird - als es um Ladestationen und Ladetechnik, Ideen wie Induktionsnutzung und Stoßdämpfermiteinsatz beim Stromspeichern, Fahrverhalten und E-Mobil-Leasingsysteme, Schwerverkehr und Car-Sharing und um praktische Beispiele ging, wie man denn unter Einbeziehung von E-Mobilität aus dem Bayerwald zum Flughafen komme oder gar selbst eine Urlaubsreise per Pkw antreten könnte.

Traditionell ging die „Runden“-Medaille an Prof. Dr. Wolfgang Dorner. Heinrich Schmidhuber: „Das war ein fantastisches Referat zu einem Thema, das Aufklärung braucht, weil es die Zukunft fordert!“ - Eine Meinung, die im Hotel Gottinger von allen Zuhörern vertreten wurde.

Heinrich Schmidhubers Rückschau und Vorausblick: Die Fahrt in die Patenstadt Landshut sei ausgezeichnet angekommen, habe in Landshut beeindruckt und Waldkirchen habe Stärke gezeigt; vom 28. Juni bis 21. Juli 2013 sei Jubiläums-Landshuter-Hochzeit und die „Runde“ werde eine Sonntagsfahrt dorthin organisieren; im nahenden August sei Sommerpause; im September stehe am 15./16. die Jubiläumsfeier „40 Jahre Stadt Waldkirchen“ an (die die „Runde“ zusammen mit der Stadt vorbereite); im Herbst denke man an ein Preisschafkopfen mit dem Erlös für soziale Zwecke.

Quelle: Passauer Neue Presse / Reinhold Steiml