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Die Suche nach einer Zukunftsstrategie

29.6.2017 |

20151210 weidenfeld2Prof. Weidenfeld hält interessanten Politikvortrag – Veranstaltung von European Campus und Sparkasse

„Unter dem Druck von Krisen kommt es zu Lernprozessen, nicht bei Sonnenschein.“ Diese Erkenntnis hat Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld in der Stadthalle bei seinem Vortrag mit dem Titel „Europa auf der Suche nach einer Zukunftsstrategie“ vermittelt. Unterm Strich erhielten rund 250 Besucher an dem von der Sparkasse und vom European Campus Rottal-Inn organisierten Abend viele grundsätzliche Gedanken präsentiert, jedoch keine tagespolitischen Tipps.

Bei seinem frei gehaltenen Referat benannte Prof. Weidenfeld „drei große Nachrichtenkomplexe“ unserer Zeit: die Sicherheitsfrage, die Situation der Flüchtlinge sowie die Eurokrise. Der Politologe schickte voraus: „Alle drei Themen sind nicht auf die Schnelle zu lösen.“

Einfach und komplex zugleich

Was die Sicherheit anbelangt, rücke der Terror immer näher an uns heran. „Terroristen haben eine große planerische Kapazität erreicht und sind bestens mit Technologie sowie Finanzmitteln ausgestattet“, erklärte der renommierte Wissenschaftler und fuhr fort: „Der islamistische Terrorismus will die aus seiner Sicht gottlose westliche Welt vernichten und sieht den Selbstmord als höchste Formder Erlösung an.“ Durch prominente Anschlagorte solle die Wirkung multipliziert werden, so der Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Rektor der Alma Mater Europaea in Salzburg.

Was die Flüchtlingsfrage betrifft, empfahl Prof. Weidenfeld, „diese in ihren verschiedenen Dimensionen anzugehen“. Als Eckpunkte benannte er die Lage in den Herkunftsländern, die Transferorganisation, die Verteilung sowie die Integration der Flüchtlinge.

In punkto Eurokrise stellte der Politikberater fest: „Es gibt in Griechenland keinen handlungsfähigen Staat, denn es fehlen die elementaren Arten der Organisation.“ Während seines Streifzugs flocht der erfahrene Referent immer wieder Anekdoten ein – etwa, dass der Vatikan vor dem US-amerikanischen Geheimdienst CIA vom Zusammenbruch des Ostblocks wusste. Unterm Strich urteilte Prof. Weidenfeld über die aktuelle Lage: „Einerseits war es in Europa nie einfach, andererseits war es noch nie so komplex.“

Derzeit sind seinem Urteil nach unter massivem Druck drei Fragen zu lösen: die der Legitimation (wer darf zu politischen Fragen Stellung beziehen), die der Transparenz (Verträge müssen erstandenwerden) und wer Europa führen soll. Mit Blick nach vorne schlug der Politikwissenschaftler vor, dass die Konzepte der „hard power“ (Waffengewalt und Wirtschaftskraft) und der „soft power“ (nach dem US-Amerikaner Joseph Nye: Kultur und Werte, Institutionen und Politik) durch die „smart power“ verbunden und in Einklang gebracht werden sollen. Dadurch erhofft sich Prof. Weidefeld: „Wenn wir die komplexe Lage richtig deuten und erklären können, bekommen wir das schon hin.“Wie genau das geschafft werden soll – das blieb einmalmehr offen.

Bei seiner Einführung lobte derLeiter des European Campus Rottal-Inn, Prof. Dr. Horst Kunhardt, die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München und sagte zum Thema des Abends: „Wir sollten derzeit eher mehr an Europa haben.“ Josef Borchi, der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Rottal-Inn, freute sich über die Kooperation mit der örtlichen Hochschule und hob hervor: „Sicherheit und Zukunft zu geben – das entspricht unserem gemeinsamen Markenkern.“

Foto: Nach dem Vortrag über Europas Suche nach einer Zukunftsstrategie: Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld (Mitte) sowie (v.r.) Landrat Michael Fahmüller, Bürgermeister Wolfgang Beißmann, seine Stellvertreter Martin Wagle und Franziska Wenzl,MdL Reserl Sem, Vorstandsvorsitzender Josef Borchi (Sparkasse), Prof. Dr. Horst Kunhardt (European Campus) sowie Hochschulkoordinator Georg Riedl.

 

Quelle: PNP vom 09.12.2015
Autor: Herwig Slezak