27.2.2018 |
Samira Paintner, 22 Jahre alt, studiert International Tourism Management am European Campus Rottal-Inn (ECRI) und hat ihr 3. Semester in Finnland an der University of Eastern Finland in Kuopio verbracht. Im Interview mit Yvonne Gratz vom European Campus verrät sie, warum sie bei -27°C weinen musste, sie sich zurück in Deutschland erstmal verfahren hat und was sie über sich selbst gelernt hat.
• Was hat dich dazu bewogen, Zeit im Ausland zu verbringen? Warum gerade Finnland?
Wenn man schon die Chance dazu bekommt während seines Studiums etwas von der Welt zu sehen, sollte man diese auch nutzen. Deshalb war für mich von Anfang an klar, dass ich ein Auslandssemester absolvieren möchte. Zudem besteht über Erasmus die Möglichkeit seinen Auslandsaufenthalt bezuschussen zu lassen, was die Entscheidung und auch die Erfahrung natürlich nochmal erleichtert.
Meine Wahl ist auf Finnland gefallen, weil dort auf Englisch unterrichtet wird und man auch im Alltag mit Englisch sehr weit kommt. Eine Kommilitonin hat ihr Auslandsemester ebenfalls dort gemacht und sehr von Finnland und der Uni geschwärmt. Die Uni dort hat einen guten Ruf und das Kursangebot war sehr ansprechend. Ein weiterer Beweggrund war, dass ich die meisten Kurse auf mein Studium anrechnen lassen konnte. Die Kälte hat mich zu Beginn noch ein wenig abgeschreckt aber nachdem ich schon immer mal die Nordlichter sehen wollte, hat die Aussicht darauf mich dann vollkommen überzeugt.
• Du wurdest über das Erasmus-Programm gefördert in Form eines Stipendiums. Wie schwierig war es, in dem Programm aufgenommen zu werden und was genau musstest du tun dafür?
Das war relativ einfach. Die Mitarbeiter vom International Office des European Campus sind sehr hilfsbereit und haben mir wertvolle Tipps gegeben, z.B. in Hinblick auf mein Motivationsschreiben, das ich verfassen musste. In dem musste ich meine Beweggründe sehr detailliert formulieren und mich im Prinzip bewerben. Zudem war es notwendig einen Lernvertrag (Learning Agreement) abzugeben und von beiden Hochschulen absegnen zu lassen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Kurse hier angerechnet werden und auch die Sinnhaftigkeit der Kurswahl wird überprüft in Bezug auf das eigentliche Studium.
• Wie hast du Finnland vor deinem Aufenthalt wahrgenommen und wie danach?
Ich war im Vorfeld sehr unvoreingenommen und bin mit keiner zu starren Erwartungshaltung nach Finnland gegangen. Es hieß, dass die Finnen eine eher kühle und distanzierte Art haben, was ich nur teilweise bestätigen kann. Sie mögen Smalltalk nicht unbedingt, dafür sind sie unglaublich freundlich und hilfsbereit. Wenn man von sich aus offen auf sie zugeht, dann wird man auch genauso offen und herzlich empfangen. Landschaftlich hat Finnland mich umgehauen, man ist umringt von Wasser und Wald soweit das Auge reicht, einfach wunderschön. Dafür sind die Lebenshaltungskosten immens hoch im Vergleich zu Deutschland, vor allem was Lebensmittel und Kosmetika angeht.
• Welche Vorbereitungen hast du getroffen für deinen Aufenthalt?
Ich habe bei meiner Kommilitonin nachgefragt worauf ich achten sollte und habe dann im Vorfeld z.B. die Wohnung angemietet. Zudem habe ich meine Packliste an die klimatischen Bedingungen angepasst und mir auch überlegt, welche Ausflüge ich dort mache und was ich mir ansehen möchte. Mit den Tutoren habe ich auch schon vor Anreise Kontakt aufgenommen. Die haben mich sogar vom Flughafen abgeholt und in die Wohnanlage gebracht. Wie schon erwähnt habe ich ein Stipendium bei Erasmus beantragt und mich um Bafög gekümmert, was mir das Leben in Finnland schon sehr erleichtert hat.
• Wie hast du gewohnt und wie sah dein Alltag aus?
Ich hatte eine Wohnung in einer großen Studentenwohnanlage mit ca. 120 Parteien, in denen fast nur internationale Studierende untergebracht waren. So einen richtigen Alltag gab es eigentlich nicht, da ich keinen festen Vorlesungsplan mit festen Zeiten hatten. So kam es, dass ich oftmals 3-4 Tage am Stück frei hatte und in dieser Zeit zusammen mit meinen Freunden dort Ausflüge gemacht habe. Wir wollten einfach so viel wie möglich rumkommen und von der Umgebung sehen, sind oft in den Wäldern spazieren gegangen und haben auch Städtetrips gemacht. Zum Ende und damit zu den Prüfungen hin haben wir uns oft zum Lernen getroffen und gemeinsam gekocht, da ging es dann schon etwas gemütlicher zu als zu Beginn.
• Fiel dir die Integration leicht? Wie schnell hast du Anschluss gefunden?
Die Tutoren, die uns Auslandssemesterstudenten betreuten, haben es uns sehr leicht gemacht, mit anderen, auch einheimischen Studierenden in Kontakt zu kommen. Wir wurden zu verschiedensten Veranstaltungen eingeladen, sie haben Koch- und Spieleabende organisiert und uns an den finnischen Traditionen teilhaben lassen. Die meiste Zeit habe ich aber mit anderen Austauschstudenten verbracht. Wir haben alle in dem gleichen Wohnheim gewohnt und da kommt man automatisch miteinander ins Gespräch und unternimmt viel gemeinsam.
• Wie hast du das Studium an der finnischen Uni empfunden?
Das Niveau dort ist vergleichbar mit dem Niveau an der Hochschule in Pfarrkirchen, aber es ist etwas weniger stressig. Gleichzeitig ist das Studium dort sehr praxisbezogen, wir haben viel an Projekten gearbeitet, teils sogar mit Firmen zusammen oder mussten Seminararbeiten schreiben und die Inhalte dafür erarbeiten. Auf diese Weise nimmt man meiner Meinung nach mehr mit, es bleibt mehr hängen und ich fühle mich so auch gut aufs Berufsleben vorbereitet dadurch. Mir hat die Zeit an der Uni sehr gut gefallen.
• Was war schwierig für dich, mit welchen Komplikationen musstest du dich auseinandersetzen?
Da gab es nicht wirklich Komplikationen, es hat alles echt gut funktioniert. Zum einen, weil wir vor Ort wirklich super durch die Tutoren betreut wurden und außerdem fast jeder Englisch spricht in Finnland. Das heißt, dass du schnell Hilfe bekommst, wenn du darum fragst oder allein nicht weiterweißt. Das einzige Problem das ich hatte war, dass mein Bafög erst im zweiten Monat meines Aufenthaltes kam, aber auch das ließ sich Dank Erasmus und Unterstützung von daheim gut überbrücken.
• Du sagtest ihr seid viel unterwegs gewesen und habt Ausflüge unternommen? Was war dein Highlight?
Definitiv Lappland, weil wir dort die Nordlichter in aller Pracht gesehen haben. Dieses Erlebnis ist nicht in Worte zu fassen und war wirklich krass. Der ganze Himmel war voller Nordlichter, die richtig getanzt haben und es war extrem bunt. Wir haben alle geschrien und geweint, weil dieser Anblick uns total geflasht hat. Ich hatte überall Gänsehaut, aber nicht weil es -27 °C hatte in dieser Nacht, sondern weil ich total überwältigt war. Das war wirklich eins der schönsten Erlebnisse meines Lebens, mit Herzrasen und allem Drum und Dran. Einfach Wahnsinn!
• Wie hast du die Rückkehr nach Hause empfunden? Fiel dir der Abschied aus Finnland schwer?
Eigentlich wollte ich von Finnland erstmal direkt weiterfliegen auf Bali. Nachdem sich diese Pläne aber leider sehr kurzfristig zerschlagen haben, war es umso schwerer zurück in die Heimat zu kommen, weil ich in dem Moment noch so gar nicht darauf eingestellt war. Der Abschied aus Finnland ist mir schwergefallen, weil ich dort echt liebe Menschen kennen gelernt habe und sich Freundschaften entwickelt haben, außerdem hatte ich eine richtig gute Zeit dort. Im Flieger kam aber schon die Vorfreude auf meine Familie und Freunde in Deutschland. Mein bester Freund hat mich in München vom Flughafen abgeholt, wir waren Frühstücken und dann bin ich erstmal nach Hause gefahren. Da hat es mich dann so richtig getroffen. Keiner von meiner Familie war daheim und als ich in mein Zimmer gegangen bin habe ich erst so richtig realisiert, dass Finnland und mein Auslandssemester jetzt wirklich vorbei sind. Der Moment war echt hart und hat mich traurig gemacht. Ich fand es wirklich schlimm wieder da zu sein, weil ich mich fremd gefühlt habe und mich das ziemlich überfordert hat. Ich bin auch jetzt noch ungern alleine zuhause und habe mich in den ersten Tagen ziemlich oft verfahren ;) Es war seltsam wieder so viel Deutsch zu hören und ich schaue nach wie auch kein Deutsches Fernsehen, sondern Serien auf Englisch.
• Wie hat dich der Auslandsaufenthalt persönlich verändert, was hast du für dich mitgenommen?
Noch mehr als vorher weiß ich jetzt, dass ich echt ungern alleine bin und auch später mal lieber in einer WG leben möchte. Zudem war ich von mir selbst positiv überrascht, dass ich trotzdem alleine so gut klargekommen bin. Denn mulmig war mir schon bei dem Gedanken, ganz alleine nach Finnland zu fliegen oder dort in völlig fremder Umgebung auf völlig fremde Menschen zugehen zu müssen. Auch wenn ich vorher schon ein selbstständiger Mensch war hat mich das auf jeden Fall gestärkt und mir mehr Selbstvertrauen gegeben. Mir ist viel über mich selbst klargeworden und ich weiß jetzt, was ich mir zutrauen kann. Es war eine positive Selbsterfahrung für mich und ich würde so eine Möglichkeit jederzeit wieder wahrnehmen.
27. Februar 2018 | ECRI Pressestelle (YG)