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Seine Menschen füllen den Campus mit Leben

20.2.2014 |

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Teisnacher Technologiezentrum besteht seit fünf Jahren

Vor fünf Jahren war die Freude riesig, als die Außenstelle der Hochschule Deggendorf nach Teisnach kam – und mit ihr mehrere Unternehmen, die sich im Forschungsumfeld der Hochschule ansiedelten.

 

Die "Strahlkraft" des Marktes Teisnach, wie Minister Helmut Brunner im Dezember 2013 über die Anziehungskraft des Gründercampus auf Wirtschaft und Forschung sagte, hat sieben Firmen angelockt. In jüngster Vergangenheit waren dies die E-Wald GmbH und IMM Photonics. Von Anfang an dabei waren die Firmen ZVK GmbH, Amplus AG, Rohde & Schwarz, Soleg GmbH und die Lebenshilfe Deggendorf – Spezialisten für Internetverbindungskabel, W-Lan-Funk-Netzwerke, Solar- und Photovoltaikanlagen, optische Produkte und Elektrofahrzeuge.

Mit Hochschule und Unternehmen sind rund 250 Arbeitsplätze nach Teisnach gekommen. Ein Ende der Erfolgsgeschichte ist noch nicht in Sicht. Der Bau von Halle IV ist beschlossen, das Industriegebiet dafür erschlossen und mit der ZVK bereits ein Mieter gefunden. Der Campus und die drei Hallen, in denen die Firmen untergebracht sind, beanspruchen mittlerweile eine Fläche von 30 000 Quadratmetern. Knapp 72 000 Kubikmeter Raum sind verbaut worden, das entspricht etwa dem Inhalt von 27 Einfamilienhäusern.

Sechs Personen, die über den Campus Arbeit gefunden haben, erzählen beispielhaft, welche einzigartige berufliche Perspektiven der Campus für sie geschaffen hat.

Sie sorgt für den richtigen Schliff

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Tanja Weiß (27) wollte einen Handwerksberuf, bei dem man mit den eigenen Händen zupacken muss. Seit Juli 2010 arbeitet sie als Feinoptik-Werkmeisterin auf dem Technologiecampus Teisnach und ist mit dem Schleifen und Polieren von Objektivlinsen für Mikroskope und Ferngläser beschäftigt. Ungefähr 200 Linsen in einer Größe von 50 bis 500 Millimeter Durchmesser gehen pro Monat durch ihre Hände.

Das Glas werde als Glasblock, als "Pressling" angeliefert, erzählt Tanja Weiß. Sie müsse den Linsen dann die gewünschte Form geben – die richtige Größe, den richtigen Radius. Beim Polieren mit dem Mittel Ceroxid erhält die Linse anschließend ihre optischen Eigenschaften wie die Brechungsmerkmale. Dazu spannt sie die Linse in eine Poliermaschine, wo eine mit Pech oder Kunststofffolie überzogene Scheibe die Linse bearbeitet.

Handwerkliches Geschick, Feingefühl und gute Augen brauche man für ihren Beruf, berichtet die Feinoptikerin, denn es gehe in den Nanometerbereich. Dabei habe ein Haar die Dicke von 70 000 Nanometer.

Auch ihre ältere Schwester arbeite als Feinoptikerin. Durch die "familiäre Vorbelastung" komme auch ihre Faszination für den Beruf, sagt Tanja Weiß mit einem Lachen.

Der Technologiecampus in Teisnach habe ihr die seltene Möglichkeit geboten, im Landkreis eine Meisterstelle in der Feinoptik zu übernehmen.

Er beliefert den Campus mit Essen

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Hans Schiller (42) steht in der Metzgerei, seit er zehn Jahre alt ist. Schon als Knabe war für ihn klar, dass er einmal wie der Vater Metzger werden will. Nun schlachtet er seit 25 Jahren Tiere aus der Region, steht hinter der Theke am Verkauf oder bereitet Mittagessen zu. Mittlerweile hat er eine Filiale in Bodenmais und 18 Mitarbeiter. Was ihn noch heute an dem Beruf fasziniert: die Vielseitigkeit, der Kundenkontakt und dass man abends sieht, was man produziert hat.

Bis zu 50 Mittagessen liefert Hans Schiller täglich an den Technologiecampus und die Firmen, die sich dort in den Hallen der OZB angesiedelt haben. Immer freitags faxt er den Mitarbeitern die Speisekarte für die kommende Woche zu; jeden Vormittag klingelt dann sein Telefon mit Bestellungen, die er gegen zwölf ausliefert. Die beliebtesten Gerichte sind Cordon Bleu, Currywurst und Grillsteak. Auch vegetarische Gerichte wie Salate, Gemüselasagne und Spätzle hat der Metzger auf der Karte. Sein persönliches Lieblingsgericht aber ist der Tafelspitz mit Meerrettichsoße.

Schon während der Bauarbeiten 2009 hat er die Arbeiter auf der Baustelle mit Essen beliefert, der Umsatz hat sich mit den neu hinzukommenden Firmen kontinuierlich gesteigert. Was der Technologiecampus für ihn bedeutet? Ein gutes Zusatzgeschäft, das ihm einen Grundumsatz einbringt. "Ich bin froh, dass die Firmen da sind", erzählt der Metzger, "auch bin ich als Teisnacher stolz, dass sich unser kleiner Ort so gut entwickelt."

Er hat alles geplant und gebaut

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Als Teisnacher war es für den Architekten Franz Seitz (59) eine Frage der Ehre, an einem so prestigeträchtigen Großprojekt wie dem Bau des Technologiecampus mitzuwirken. Im November 2008 wurde der Auftrag vom Bauherrn, dem Markt Teisnach in Form der OZB GmbH, vergeben, im Frühjahr 2009 begann der Bau. Nach einer "ungewöhnlich kurzen Bauzeit" von sieben Monaten stand der Technologiecampus.

"Eine sehr arbeitsintensive Zeit, in der ich sechs Tage in der Woche bis zu 16 Stunden am Tag arbeitete", erinnert sich Franz Seitz an das Bauprojekt, das er mit den Architektenkollegen Bielmeier und Schanderl geplant und überwacht hat. Der Technologiecampus habe ihn Kraft gekostet. Eine Herausforderung seien die Vorgaben der Hochschule gewesen: So mussten die Labore etwa mit bis zu einem Meter dicken Bodenplatten ausgestattet werden, damit die feinen Messgeräte nicht durch die Erschütterung von vorbeifahrenden Lastwagen gestört würden. Die Hallen für die OZB hätten möglichst flexibel und vielseitig nutzbar erbaut werden müssen.

Seit 1985 hat Seitz sein Architekturbüro. Das erste Projekt war der Geiersthaler Kindergarten. Im Laufe der Zeit hat er zahlreiche Häuser gebaut. Eines der wichtigsten Projekte, das auch für ihn nicht alltäglich war, ist aber der Technologiecampus. Ein Ende ist noch nicht in Sicht: Bald beginnt der Bau der Halle IV.

Er forscht zur Energieeffizienz

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Student Christian Trum (26) versucht zu ergründen, wie man Linsen herstellt, ohne Energie zu verschwenden. Die Maschinen auf dem Technologiecampus produzieren nämlich viel Wärme – und das in einem klimatisierten Raum, bei dem die Temperatur um nicht mehr als ein Grad schwanken darf. "Das ist wie ein Holzofen in einer Klimaanlage", erklärt er, "das muss besser werden".

Der 26-jährige Windberger (bei Straubing) ist gerade dabei, sein Masterstudium der Ingenieurswissenschaften an der Hochschule Deggendorf zu beenden. Die "brutale Nähe zum Professor" habe sein Studium so wertvoll gemacht. Tatsächlich ist sein Betreuer, Professor Rolf Rascher, drei Tage in der Woche in Teisnach vor Ort und unterstützt die Studenten, wo er kann – in Trums Fall auch bei der Bewerbung für ein Promotionsprogramm an der TU München. Von etlichen Bewerbern seien nur acht genommen worden. "Pures Glück", nennt Christian Trum seine Zusage.

Der 26-Jährige bastelt gerne und bringt aus seiner Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker viel praktisches Wissen mit, das er auch weiterhin in der Forschung anwenden will. Der Campus habe ihm eine tolle Entwicklungsperspektive gegeben und erlaube ihm, weiter auf dem Land zu wohnen. Nach München ziehen? "Niemals", ist sich der Niederbayer sicher.

Er überblickt alle Kabel

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Michael Wittmann (27) ist Herr über unzählige Kabel. Seit 2011 arbeitet der Kollnburger als Disponent für die ZVK GmbH in Teisnach und weiß genau, wohin er wie viel Kabelmaterial, Stecker und fertige Produkte liefern lassen muss.

Für seine Arbeit bei der ZVK GmbH, einem Spezialisten für Internetkabel, braucht Michael Wittmann den Überblick, denn er sorgt für den Materialfluss im Unternehmen. Wird Kabel- oder Steckermaterial an einem der Standorte in Deutschland, Tschechien oder Lettland benötigt, schickt er einen Lastwagen auf die Autobahn und lässt nachliefern. Er organisiere das ganze Jahr über den Verbleib und die Lieferung von unzähligen Kabeln, erzählt Wittmann. Kunden seien zumeist Großhändler, Rechenzentren, Banken oder Universitäten.

Stets sei es bei seinem Bürojob wichtig, den Überblick zu bewahren, in Stresssituationen ruhig zu bleiben und bei Kundenreklamationen nicht nervös zu werden. Er liebe es, genau in der Mitte zwischen Produktion und Vertrieb zu sitzen und in enger Abstimmung mit seinen Kollegen Entscheidungen zu treffen. Was der Industriestandort Teisnach für ihn bedeutet: Nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Regensburg wollte Michael Wittmann unbedingt in die Heimat zurückkehren. Doch schnell stellte er fest, dass es gar nicht so einfach ist, daheim einen Job zu finden. Der Technologiecampus Teisnach mit seinen Unternehmen hat diesen Traum für ihn wahr werden lassen.

Er misst ganz genau nach

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Manchmal dauert es nur zehn Sekunden, ein anderes Mal wieder zwei Stunden, bis Messtechnik-Werkmeister Dominik Schopf (31) weiß, ob der Schliff einer Linse sitzt. Zwischen diesen Zeiträumen variiert nämlich die Messdauer seines Spezialgerätes, mit dem er Oberflächenrauheit des Glases und Linsenform bestimmt.

Seit 2010 arbeitet der Industriemechaniker auf dem Technologiecampus Teisnach. Vorher war Dominik acht Jahre bei der Bundeswehr beschäftigt.

Die Atmosphäre eines geheimen Labors strahlt sein Arbeitsplatz dann irgendwie auch aus – ein Reich, zu dem Unwissende und Nichteingeweihte keinen Zutritt erlangen. Im Messgerät läuft ein roter Laserstrahl durch eine Linse und produziert grau-weiße Interferenzstreifen auf dem Computerbildschirm, ein weiterer Bildschirm voller Zahlen blinkt auf. Dominik Schopf prüft, ob die geschliffenen und polierten Gläser so passen, wie er sie von Kollegin Tanja Weiß erhält, oder ob nochmal nachkorrigiert werden muss.

Den Messtechniker fasziniert die Arbeitsatmosphäre so nahe an der Forschung. Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr habe er sich umorientieren wollen, nach einem längeren Praktikum klappte es mit dem Job auf dem Campus. "Immer wieder über das Machbare hinauszugehen, den Standard neu zu setzen und einzigartige Projekte zu bearbeiten – das bietet der Technologiecampus mir persönlich", fasst Dominik Schopf zusammen, was ihm an seinem Arbeitsplatz so gefällt.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 15. Februar 2014
Autor: Sandra Niedermaier