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"Komplexität darf nicht nach außen dringen"

10.9.2015 |

Prof. Dr.-Ing. Peter Firsching, Professor an der Technischen Hochschule Deggendorf (Fakultät Angewandte Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsingenieurwesen) und wissenschaftlicher Leiter des Technologie Campus Cham, im Interview über Trends und Herausforderungen beim Thema Software.

Herr Professor Firsching, welche Rolle spielt die Software im Maschinenbau?

Die Software ist heute integraler Bestandteil von Maschinen und steht gleichberechtigt neben der Mechanik und Elektronik. Sie muss bei der Planung und Konstruktion dieselbe Aufmerksamkeit und Professionalität erfahren wie die Hardware. Sie darf nicht nachträglich zusammengebastelt werden, sonst wird die Software zum limitierenden Element einer Maschine. Maschinenbauer ohne Software-Kompetenz werden es künftig immer schwerer haben.

Was sind momentan die Trends beim Thema Software?

Da ist zum einen die zunehmende Objektorientierung. Die Software-Erstellung geht über eine reine Programmierung im Quellcode hinaus. Maschinenteile werden als Software-Komponenten abgebildet. Damit ändert sich die Herangehensweise an die Software-Erstellung. Es stehen zusätzliche Tools zur Verfügung, die den Umgang erleichtern. Zum anderen geht der Trend zur Verteilung der Software auf der Steuerungsplattform, also weg von einem zentralen Ansatz. Die Intelligenz befindet sich künftig dort, wo sie benötigt wird. Möglich wird das durch leistungsfähige Embedded Controller, Miniaturisierung und eine leistungsfähigere Software. Der verteilten Automatisierung mit intelligenten Subsystemen gehört die Zukunft.

Was bedeutet die zunehmende Vernetzung von Maschinen und Anlagen?

Der Systemgedanke rückt zunehmend in den Vordergrund. Maschinen bestehen dann idealerweise aus sogenannten Cyber Physical Systems, also eigenständigen mechantronischen Einheiten, die aus Mechanik, Elektronik und Software bestehen. Zu jeder Funktionalität gibt es eine Schnittstelle in die Mechanik und einen Kern, der als Logik diese Einheit verwaltet. Diese kleinen, unabhängigen und miteinander kommunizierenden Systeme sind jedoch nicht nur eine Chance, sondern zugleich auch ein Risiko.

Inwiefern?

Nun, bei der Vernetzung muss man sich die Frage stellen: Wie sicher ist die Kommunikation? Ist sie vor unbefugtem Zugriff, vor Manipulationen geschützt? Dem Thema Sicherheit kommt also eine wichtige Rolle zu.

Können Sie das weiter ausführen?

Mit Blick auf die Sicherheit sehe ich die größte Herausforderung bei der Security. Die Safety, also Maschinensicherheit, ist im Maschinen- und Anlagenbau etabliert. Es stehen erprobte Standards und Vorgaben in Form von Normen und Richtlinien zur Verfügung. Der Maschinenbauer weiß, was er zu tun hat, und der Anwender weiß, was er beachten muss. Beim Thema Security sieht das jedoch anders aus. Die Standards fehlen hier. In Anlehnung an die Maschinenrichtlinie wäre eine Security-Richtlinie wünschenswert. Aber da stehen wir erst am Anfang.

Im Grundsatz überlegt sich der Maschinenbauer im Vorfeld bei der Planung und der Projektierung, welche Funktionalität seine Maschine erreichen muss, und konstruiert dann entsprechend. Und das muss für die Mechanik und die Software gelten, und für Safety genauso wie für Security.

Was bedeutet das alles für die Anwender?

Die Anwender erhalten in der Bedienung ein flexibles, universelles Produktionssystem und damit einen klaren Mehrwert. In der Maschine selbst steigt jedoch die Komplexität. Und daraus resultiert eine der größten Herausforderungen an den Maschinen- und Anlagenbau: Die innere Komplexität darf nicht nach außen durchdringen.

Als Professor arbeiten Sie eng mit der nächsten Automatisierer-Generation zusammen. Was wird in den nächsten Jahren passieren?

In meiner Arbeit in Forschung und Lehre sehe ich, wie die jungen Ingenieure die Art, wie bereits Geräte im Bereich IT und Unterhaltungselektronik gesteuert werden, ganz pragmatisch auf den Maschinenbau übertragen. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Apps, intuitive Benutzeroberflächen oder Mobilfunk- und Internettechnologien auch im Maschinenbau eingesetzt werden. Die Geschwindigkeit, mit der die Technologien im Maschinenbau Einzug halten, wird zwar langsamer sein als im privaten Umfeld, aber hier wird in den nächsten Jahren einiges passieren.

 

Quelle: Kundenzeitung "Mensch und Automation" Pilz GmbH & Co. KG - Ausgabe 3/2015