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Mit der Kunstmeile nicht auf dem Holzweg

19.4.2014 |

20140515-taz-spiegelau

StaatsministerHelmut Brunner eröffnet die 3. Via Artis SpiRi, die sich bis 4.Maimit demnatürlichenWerkstoff beschäftigt.

Im Pretzfelder-Saal des Technologie-Anwenderzentrums (TAZ) haben am Mittwochabend Staatsminister Helmut Brunner und HelmutVogl, Bürgermeister von St. Oswald-Riedlhütte, die dritte Kunst- und Kulturreihe in Spiegelau und St. Oswald- Riedlhütte, „ViaArtis SpiRi“, eröffnet. Sie umfasst bis zum 4.Mai etliche Veranstaltungen zum Thema „Die Magie des Holzes“, u.a. mit über 20 Künstlern an über 20 Veranstaltungsorten.

 

Die Via Artis SpiRi ist 2011 aus derGlaskrise entstanden und ist in ihrer dritten Auflagemit demenormen Potenzial an Veranstaltungen ein schöner Beweis dafür, wie sich dieZusammenarbeit zwischen den beiden Glas-Kommunen und darüber hinaus mittlerweile verfestigt hat.Dafür steht auch, dassHelmut Vogl den Kunstweg in Spiegelau eröffnet und Karlheinz Roth, Spiegelaus neuer Bürgermeister, den Abschluss in Riedlhütte gestalten wird.

Vogl dankte den Künstlern für ihre Bereitschaft, mitzumachen, dem Orga-Team für Vorbereitung und Durchführung und den Sponsoren, Institutionen und Vereinen, die den Kunstweg ermöglichten. Als äußeres Zeichen dieser Solidarität gibt es heuer erstmals den „Mäzen-Pin“ für acht Euro, eine Anstecknadel mit den Nationalpark- Patentieren Specht und Hirsch, gestaltet von Susanne Zuda. „Den muss jeder tragen“, forderte Vogl auf.

Neu ist ebenso das „Via Artis SpiRi-Bieri“, das zurEröffnung angeboten wurde und am 3. Mai im HotelWieshof in Riedlhütte näher vorgestellt wird. Und die dritte Neuigkeit bezieht sich auf das Bild eines Glasbläsers vor der Waldkulisse von Josef Schneck, das er auf 160, von Anton Biebl gefertigten Holzwürfeln, gemalt hatte.

Zusammen mit Spiegelaus 2. Bürgermeister Kurt Zettl enthüllte Schneck das Werk. Würfel Nr. 1 bekam Landwirtschaftsminister Brunner. In seiner Rede bezeichnete er das Holz als eine der wichtigsten Ressourcen des 21. Jahrhunderts. Als Energieträger sei es CO2-neutral. Als Werkstoff beim Bau binde es langfristig klimaschädliches Kohlendioxid: „Ein Kubikmeter Holz entzieht der Atmosphäre während seines Wachstums eine Tonne Kohlendioxid“, rechnete der Minister vor und er hatte noch mehr Zahlen parat. So bewirtschafteten die Forstbetriebe inBayern 2,5MillionenHektarmit einem Holzvorrat von einer Milliarde Kubikmeter. Der größte Mit der Kunstmeile nicht auf demHolzweg Trumpf dabei sei, dass nur so viel Holz entnommen werde, wie wieder nachwachse. „Also wenn Sie heute ein Haus aus bayerischem Holz bauen, ist es quasi nach 40 Sekunden wieder nachgewachsen.“

Künstler schätzen Holz wegen andererQualitäten. So sei kein anderes Material geschmeidig und zart, widerspenstig und borstig und von unbeschreibbarer innerer und äußerer Schönheit. „Dieser Schönheit können Sie auf diesem innovativen Kunstweg nachspüren“, lud Brunner ein. In diesem Zusammenhang dankte er besonders den daran beteiligtenKünstlerinnen und Künstlern, für die es ebenfalls Holzwürfel aus dem großen Ganzen gab. Abschließend wünschte der Minister der Via Artis SpiRi 2014 viele begeisterte Besucher.

Passend zumHolz alsAusgangsstoff künstlerischen Schaffens, stellten Karl-Heinz Reimeier und Hermann Beiler den Herrgottschnitzer von Spiegelau, Johann Lentner, vor. Obwohl bereits vor fast 40 Jahren verstorben, sei das Werk des gebürtigen Großarmschlägers bis heute präsent im öffentlichen Raum und in privaten Wohnzimmern, seine Ausstrahlung bis heute zu spüren.

Lentners besonderer Bezug zum Holz habe sich schon sehr früh gezeigt. Anders als die Holzbitzler seiner Zeit, die oft nur aus Langeweile schnitzten, war die Holzbearbeitung für ihn Alltag – ein Taschenmesser hatte er immer dabei. „Holz wurde für ihn lebendig. Er sah Formen und Gestalten, die aufs Freilegen warteten“, betonte Reimeier.Lentnerwusste schon als Neunjähriger, dass er Schnitzer werdenwollte – für seinenVater eine brotlose Kunst.

Doch mit der Unterstützung seinerMutter und derBestärkung seines Lehrers, dem das Talent des Buben aufgefallen war, durfte der junge Hans die Staatliche Fachschule fürGlasindustrie undHolzschnitzerei in Zwiesel besuchen. Deren damaliger Direktor Bruno Mauder war beeinflusst von der Bauhaus-Bewegung und setzte auf kantige, herbe Formen, die zu den Menschen und zur Waldlandschaft passten. „Diese Formen wurden auch zu Lentners Handschrift. Doch er ließ bei derGestaltung seine eigenen Gefühle mit einfließen. Seine Figuren trugen oft seine eigenen Gesichtszüge oder die seiner Familienangehörigen“, so Reimeier.

Sein Talent kamauch derKunstakademie in München zu Ohren. Ein Studium konnte sich Lentner aber nicht leisten. Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg machte sich Lentner in Spiegelau selbständig, heirateteMaria Hackl und bekammit ihr acht Kinder, die sie religiös erzogen. Die Sakralkunst bekam für den Holzschnitzer selbst immer mehr Bedeutung. Seine Fähigkeit, Christus mit dem Kreuz in einem aus einem Stück Holz herauszuarbeiten, machte Lentner in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt. Doch er blieb bescheiden im Wesen und in seinen Preisen, arbeitete unermüdlich. Der Knochenkrebs schließlich zwang ihn, am 11. September 1977 das Schnitzmesser für immer aus der Hand zu geben. Eine Ausstellung in der Touristinfo Spiegelau ist bis 4. Mai dem Herrgottschnitzer gewidmet.

Einen mit Holz künstlerisch gestalteten Weg, der im Nationalparkgebiet zwischen Spiegelau und Riedlhütte entstehen soll, stellte im Anschluss Reinald Baier von der Fachakademie für Raumund Objektdesign in Cham vor. Studenten – zum großen Teil Handwerksmeister, die eine zweijährige Gestaltungsausbildung machen – haben Ideen entwickelt, wie Holz in seiner natürlichen Art eingesetzt werden kann. Die Vorschläge sind imPretzfelder-Saal zu sehen.

Neben den optischen Genüssen boten Jonas Wandtner und Freunde denOhren wohltuende Klänge.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 19.04.2014
Autorin: Ursula Langesee