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Die Zukunft liegt in der Gemeinsamkeit

22.8.2014 |

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Sechs Kommunen aus zwei Landkreisen arbeiten als ILENationalpark-Gemeinden künftig imVerbund

Jetzt ist es fix: Am Dienstagabend haben im Technologie- Anwenderzentrum (TAZ) die sechs Gemeinden Spiegelau, St. Oswald-Riedlhütte, Neuschönau, Frauenau, Lindberg und Bayerisch Eisenstein (insgesamt 15 500 Einwohner) aus den Landkreisen Freyung- Grafenau und Regen dieArbeitsgemeinschaft (ARGE) Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) Nationalpark-Gemeinden gegründet. Prominentester „Zeuge“ war dabei Landwirtschaftsminister Helmut Brunner.

 

D awurde der Pretzfelder-Saal einmal so richtig voll, als die sechs Gemeindegremien mit ihren Bürgermeistern quasi eine „Mini-Gemeinderatssitzung“ mit nur zwei TOPs abhielten. JedeGemeinde stimmte unter dem Vorsitz ihrer Bürgermeister für sich ab, ob sie für die Gründung der ARGE ILE Nationalpark- Gemeinden sei und ob sie der Vergabe zur Erstellung des ILEKonzepts (ILEK) zustimme. Alle Beschlüsse waren einstimmig, die schnellste Sitzung leitete Frauenaus Bürgermeister Herbert Schreiner. Er brauchte nur eineMinute, 28 Sekunden, hatte derMinister gestoppt.

Eingangs hatte Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth TAZ-HausherrnMichael Fuchs, Werner Weny und Franz Stark vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE), die Landräte SebastianGruber (Freyung-Grafenau) und Michael Adam (Rege) und die Bürgermeister-Kollegen Helmut Vogl (St. Oswald- Riedlhütte), Alfons Schinabeck (Neuschönau), Herbert Schreiner (Frauenau), 2. Bürgermeister Hermann Kastl (Lindberg) und Georg Bauer (Bayerisch Eisenstein) begrüßt. „Die Zukunft liegt im Gemeinsamen“ betonte er und freute sich, nun den Grundstein für die interkommunale Zusammenarbeit legen zu können.

Als ILE-Koordinator blendete Vogl kurz auf die Entstehungsgeschichte zurück.Nach seinem erstenGesprächmit den damaligen Amtskollegen Josef Luksch (Spiegelau) und Heinz Wolf (Neuschönau) habe sich im Mai 2013 die IlE-Familie um Frauenau und Lindberg vergrößert. Bei einem zweitägigen Grundlagenseminar im Witikohof in Bischofsreut im November 2013 sei er von der Elefantenrunde als ILE-Koordinator bestimmt worden. Bayerisch Eisenstein als sechstesMitglied sei imJuli 2014 dazu gekommen. Er dankte Weny und Stark und freue sich auf die gute Zusammenarbeit.

Als „ersten Erfahrungstest in der landkreisübergreifenden Zusammenarbeit“ wertete es FRG-Landrat Gruber launig, dass er für seinen RegenerKollegen Adam die Grußworte mit übernehmen dürfe. Der Zusammenschluss sei homogen, die Gemeinden passten thematisch und inhaltlich zusammen. „Wir haben imLandkreismit der ILE, wie z.B. demIlzer Land, gute Erfahrungen gemacht.“ Aber er warnte davor, nur Papiertiger zu produzieren und Parallelstrukturen zu den Landkreisverwaltungen zu entwickeln. „ILE und Landkreise müssen Hand in Hand gehen“, forderte Gruber und wünschte dem Zusammenschluss Erfolg.

Baudirektor Weny vom ALE ging noch einen Schritt weiter und nannte – ausgehend von Bayerisch Eisenstein – die Anbindung von Böhmisch Eisenstein und die Mikroregion Šumava-West im Nachbarland Tschechien eine „reizvolle Perspektive“. Bei dem Grundlagenseminar in Bischofsreut habe man gleich gespürt, dass die Chemie zwischen den Gemeinden passe, dass nicht nur der Wunsch, sondern auch die Notwendigkeit für einen Zusammenschluss gesehen wurde.

Fünf Handlungsfelder wurden bei demSeminar definiert: 1: Innenentwicklung, 2: Jugend, Senioren, Gesundheit, Demografie, 3: Bildung, Kultur, regionale Identität, Sport, 4: Tourismus, Wirtschaft, Energie Handwerk, 5: KommunaleDienstleistungen und Versorgung.

Als zwangloseste und einfachste Form des Zusammenschlusses wurde die Arbeitsgemeinschaft gewählt, denn es braucht einen Ansprechpartner für den Einsatz der Förderinstrumente. Weny stellte die Organisationsstruktur vor.Danach sei die Bürgermeisterrunde mit Bauoberrat Stark von der ALE als Projektleiter die zentrale Schaltstelle.Von „unten“ kämen die Anregungen und die Zuarbeit von Bürgern, Vereinen, Arbeitskreisen der Handlungsfelder etc.

Stark erklärte das Integrierte Ländliche Entwicklung-Konzept (ILEK), das auf Grundlage der Stärken und Schwächen der Allianz entwickelt werde. „Wohin soll’s gehen? ist dabei die Kernfrage.“ Im Vorfeld wurden von derALE vier Planungsbüros eingeladen.Ausgewählt wurden das Rothkopf Projektmanagement mit Sitz in Grafenau mit Prof. Dr. Schindlbeck von der Hochschule Deggendorf und das Büro Landimpulsmit Sitz in Regenstauf. Sie haben dieHandlungsfelder unter sich aufgeteilt, vernetzen sie mit anderen ILEs, Zusammenschlüssenwie der Ferienregion Nationalpark BayerischerWaldGmbH, Nachbarländern etc. und entwickeln daraus nachhaltige Handlungsempfehlungen und Projekte.

„Das Konzept kostet ca. 50 000 Euro, 75 Prozent werden von der ALE gefördert. Die verbleibenden 12 500 Euro finanzieren die ILE-Gemeinden je nach ihrer Einwohnerzahl“, rechnete der Projektleiter vor. Das Projekt starte imSeptember 2014, bis Dezember 2015 liege das ILEK auf demTisch.

Umnicht zu vielZeit zu verlieren, könnte nach demVorschlag Wenys schon Böhmisch Eisenstein an die ILE herangeführt, der Kontakt mit Tschechien aufgenommen und drängende Probleme wie Innenentwicklung, Mobilität, Kernwegenetz, Infrastruktur in Angriff genommen werden.

Nach den einstimmigen Beschlüssen in den sechs Gemeinderäten besiegelten die Unterschriften der Bürgermeister auf den Urkunden die Gründung der ARGE ILE Nationalpark- Gemeinden. Damit sei die ILE eine von fast 90Gemeindebündnissen in rund 670 bayerischen Gemeinden, sprach Brunner von einem Erfolgsmodell, das vor allemKommunen imBayerischen Wald und im Donauraum nutzen würden.

„Alle sechs Gemeinden eint die Finanznot. Aber Not macht erfinderisch. Dazu muss man nicht mehr wie 1972 die politischen Grenzen verändern. Wenn die Grenzen in den Köpfen fallen, sind kommunale Grenzen zweitrangig“, sagte der Minister. Einige Ratschläge gab er der neuen ILE mit: „Nutzen Sie die Erfahrungen der Euregio mit Tschechien. Da muss man nicht doppeltmoppeln!DieBürgermeister sind bewusst in der Mitte angesiedelt. Machen Sie die Aufgabe zur Chefsache! Nicht bei jeder Maßnahme wird es sechs Sieger geben, aber die Gemeinschaft, die Region wird siegen! Die Zusammenarbeit wird Ihnen Kosten sparen, das erwarten die Bürger.“

Besonders freute er sich, dass als Ziel „Kunst undKulturwaidlerisch leben“ ausgegeben worden sei.Das sei bei ILEs eher selten und spreche für das Heimatbewusstsein und den Stolz auf den Bayerischen Wald. Er wünschte der ILE viel Erfolg und dass sich die Gemeinden gut verstehen und wenn, dann nur „in der Sache streiten“.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 08.08.2014
Autorin: Ursula Langesee