11.3.2015 |
Vortrag in der Glas-FH über das „E-Wald-Grinsen" – und warum der Bayerische Wald zum Vorbild für ganz Deutschland wird
Professor Dr. Peter Sperber ist überzeugt und versteht es, auch andere zu überzeugen. Elektromobilität wird sich langfristig in Deutschland durchsetzen. Daran hat er keine Zweifel. Mit vielen bestehenden Vorurteilen gegen Elektroautos räumt er und sein Team vom Projekt E-Wald auf. Bei seinem Vortrag im TAZ in Spiegelau, zu dem die vhs Freyung-Grafenau eingeladen hatte, stellte Sperber das Projekt ausführlich vor.
Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema konzentrieren sich auf Städte, in denen der Individualverkehr ohnehin schon zu kollabieren drohe. Gebraucht würden Autos jedoch hauptsächlich in ländlicherUmgebungmit schlechter Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. So entstand die Idee für das millionenschwere Projekt E-Wald in Niederbayern. Um neben der wissenschaftlichen Untersuchung möglichst viele Daten über alle Elektroautos zu sammeln, entstand die E-Wald GmbH, die für die Vermietung der Fahrzeuge zuständig ist. Mit sechs Firmen und 87 Kommunen arbeiten die Wissenschaftler nun seit einigen Jahren zusammen. So entstand auf 7000 Quadratkilometern ein in Deutschland einmaliges Beispiel für die Zukunft, das mit 20 Millionen vom Bund gefördert werde und deutschlandweit die dichteste Struktur von Ladesäulen vorweisen könne. Ziel müsse sein, den Nachweis zu erbringen, dass Elektromobilität auf dem Land sinnvoll und machbar sei. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei einer der Forschungsschwerpunkte. Daneben interessiere das Team von der FH Deggendorf die demographische Entwicklung, die Infrastruktur, Energie aus erneuerbaren Quellen und die Entsorgung verbrauchter Batterien.
Erneuerbare Energie solle aus der Region bezogen werden, sodass das dafür ausgegebene Geld auch in der Region bleibe, und nicht an irgendwelche Ölmultis fließe. Ein Konzept, das der heimischen Wirtschaft den Rücken stärken solle. Die Ladestationen sollen für Fahrzeuge aller Hersteller geeignet sein. Daher vermietet die E-Wald GmbH eine Flotte aller bisher auf dem Markt befindlichen Hersteller. Die Batterien seien im E-Mobil besser als ihr Ruf. „Bei allen E-Wald Fahrzeugen musste noch nicht eine Einzige ausgetauscht werden".
In Punkto Nutzerakzeptanz untersucht die FH Deggendorf die Themen Reichweite, Preis, Batterie- und Ladetechnik. Die Reichweite eines Elektroautos sei oft der meist kritisierte Punkt. Zu Unrecht, wie Professor Sperber überzeugend erläuterte. Denn selten werde ein Fahrzeug vom durchschnittlichen Nutzer für längere Strecken genutzt. Das E-Mobil als klassischer Zweitwagen fährt auf dem Land die Pendler zu ihren Arbeitsstätten, oder die Kinder in den Sportverein und Ähnliches. Also weitgehend Kurzstrecken. Meist sei das Fahrzeug eher ein „Stehzeug", womit auch das Aufladen nicht problematisch sei, und auf dem Land, wo fast jeder eine Garage mit Steckdose habe, meist Nachts erledigt werde. Mit Navis würden die E-Wald Nutzer zu den Ladestationen geleitet, die hier flächendeckend vorhanden seien. Es gebe 100 Standorte mit 400 Ladepunkten, und seit 2014 zehn Schnellladepunkte im Abstand von zehn bis fünfzehn Kilometern.
Die Preise würden im Moment konstant fallen. Durch Carsharing seien die Kosten weit geringer als für konventionelle Autos. Auch ein Gemeindefahrzeug sei attraktiv, müsse aber auch gut beworben werden. Hier seien die einzelnen Kommunen gefragt. Gerade im Bayerischen Wald mit dem Nationalparkgebiet sollte E-Mobilität für Touristen gefördert werden. Die Lärm- und Kohlendioxid-Belastung könnte hier drastisch gesenkt werden, ein weiterer Pluspunkt auf dem Konto der E-Mobilität. Eine Förderung von Elektrofahrzeugen von Seiten derBundesregierung sei mehr als wünschenswert, und sollte einen weiteren Anreiz zum Umstieg bieten.
Für ihre mehr als 180 Mietfahrzeuge erarbeiten die Forscher von E-Wald ein Fahrerassistenzmodell, das die Reichweite in unserer bergigen Gegend mit langen Kälteperioden zuverlässig ermittle. Auch die Verfügbarkeit der Ladestationen komme direkt aufs Display und Reservierung sei aus dem Auto möglich. Vorbild sei Deggendorf auch bei der Ausbildung von Fachleuten zur Wartung der Fahrzeuge. Hier arbeite die FH mit den Berufsschulen Hand in Hand. Zudem stellte Prof. Sperber die Wartungsfreundlichkeit der E-Mobile anschaulich dar: Alle Teile des konventionellen Autos, die kaputtgehen können, hätten die „Saubermänner" ja gar nicht. „Die müssen ungefähr so oft in die Werkstatt wie ihre Waschmaschine". Einzig die Bremsen sollten rostfrei werden. „Dann fährt das E-Mobil, und fährt und fährt". Bis die Batterie vielleicht irgendwann nicht mehr voll ladbar sei. Aber auch dafür gebe es schon eine Idee. Als Speicher für die hauseigene Photovoltaikanlage könnten die Teile nochwertvoll sein. Mit einer Ladekapazität von 20 Kilowattstunden reiche eine nächtliche Speicherung locker für den Tagesbedarf des Durchschnittshaushaltes.
Die ständigen Befragungen der Testfahrer würden eine hohe Zufriedenheit bei der Studie ergeben. Jeder, der einmal ein Elektroauto getestet habe, steige laut Professor Peter Sperber mit dem unvermeidlichen „E-Wald Grinsen" wieder aus. Dieses Grinsen solle nun auch überregional verbreitet werden. Das Interesse an der Studie E-Wald sei in ganz Deutschland riesig. Nachfolgemodelle gebe es bereits im Westen und auf der Insel Sylt im Norden der Republik. Somit sei E-Wald ein Vorzeigeprojekt in Punkto Vertrauensbildung in die Elektromobilität auf das Bayern und besonders Niederbayern stolz sein könne und das hoffentlich viele Nachahmer finden werde. Für Pendler im ländlichen Raum werde das Elektroauto vielleicht der Weg sein, um in der Heimat bleiben zu können. Und alle Fahrer von Kurzstrecken können umweltfreundlich und günstig in die Zukunft fahren.
Grafenauer Anzeiger vom 26.01.2015