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BARMER GEK Forum 2014

25.7.2014 |

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11. Gesundheitspolitisches Forum an der Technischen Hochschule Deggendorf mit rund 180 Experten aus Wirtschaft, Politik und Gesundheitswesen
Ein Strukturwandel in der Gesundheitsversorgung ist überfällig

Das diesjährige 11. BARMER Forum an der Technischen Hochschule Deggendorf nutzten rund 180 Experten aus Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen für eine aktive Diskussion um die Zukunft unseres Gesundheitssystems. Unter dem Motto „Gesundheit weiter gedacht: Gesundheitsversorgung gemeinsam gestalten – die Zukunft?!“ standen in diesem Jahr wirtschaftliche aber auch ethische Fragen rund um die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten in Bayern im Vordergrund der Diskussion.

 

Nach Grußworten von Christian Moser, Oberbürgermeister der Stadt Deggendorf, Dr.Gregor Biletzki, Kanzler der Technischen Hochschule Deggendorf und Gerhard Potuschek, Landesgeschäftsführer der BARMER GEK in Bayern, bildeten 3 Impulsvorträge den Rahmen für die Diskussion am Vormittag. Den Anfang machte die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml unter dem Titel „Gesundheit in Bayern – Herausforderungen erfolgreich bewältigen!“. Den zweiten Impuls setzte Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK, unter dem Titel „Große Koalition – Große Reformen? Mit der Frage „Gesundheitsversorgung gemeinsam gestalten: Welche Anforderungen sind aus ethischer Sicht zu berücksichtigen?“ rundete Prof. Dr. Georg Marckmann den ersten Veranstaltungsschwerpunkt mit 4 Ethik-Thesen ab.

Staatsministerin Huml wies darauf hin, dass die Gesundheitsversorgung in Bayern bereits auf einem hohen Niveau ist: „Das ist ein Verdienst aller Akteure im Gesundheitswesen. Aber wir dürfen uns nicht mit dem Erreichten zufriedengeben, sondern müssen Wege finden, die Gesundheitsversorgung in unserem Land weiter zu verbessern.“ Dabei seien sowohl die Politik als auch Krankenkassen und Leistungserbringer gefordert. Huml fügte hinzu: "Flächendeckende Versorgung, hohe Qualität und nachhaltige Finanzierbarkeit sind wichtige Ziele, die wir gemeinsam anstreben."

Die Ministerin betonte zugleich: „Die Bayerische Staatsregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht. So trägt der Koalitionsvertrag auf Bundesebene deutlich die Handschrift Bayerns. Im Freistaat haben wir zur Gewinnung von Ärztenachwuchs insbesondere in ländlichen Regionen bereits selbst ein Förderprogramm aufgelegt, das mit 15,5 Millionen Euro ausgestattet ist." Huml unterstrich: "Bei all unseren Anstrengungen steht immer der Patient im Mittelpunkt. In seinem Interesse setzen wir alles daran, die qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in Bayern zu erhalten."

Schlenker befasste sich intensiv mit den aktuellen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. Sein Fazit: Die gute Wirtschaftslage stützt den vorsichtigen Novellierungskurs in der Gesundheitspolitik. Qualitative Aspekte der Gesundheitsversorgung und kollektives Handeln rückten in den Vordergrund. „Man hat den Eindruck, dass eine stärkere wettbewerbliche Steuerung des Gesundheitswesens nicht gewünscht wird um bestehende Fehlanreize und Überkapazitäten zu beseitigen“, sagte er. Die Bundesregierung leite einige wichtige Maßnahmen ein, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Aber: Die Belastung der Bürger durch steigende Gesundheitskosten wächst. „Es ist nicht akzeptabel, Kostensteigerungen auf die Versicherten abzuwälzen, solange es Effizienzreserven im System gibt.“ Beispielhaft nannte Schlenker den für ihn überfälligen Strukturwandel in der deutschen Kliniklandschaft. „Insbesondere in Häusern mit Grund- und Regelversorgung muss es ein Mehr an Vernetzung von stationären und ambulanten Leistungen geben,“ so Schlenker weiter. Bayerns Förderprogramm zur Gewinnung von Ärztenachwuchs insbesondere in ländlichen Regionen sieht er als wichtigen Ansatz die medizinische Versorgung in einem Flächenland wie Bayern zukunftsfähig zu machen. Ebenso begrüßt er die Initiative Bayerns sich im auf Bundesebene für die Verbesserungen für Selektivverträge einzusetzen. Am Beispiel des hier 2013 gestarteten BARMER GEK Versorgungsmodells zur Darmkrebsprävention unter Einsatz des neuen immunologischen Stuhltests „iFOBT“ unterstrich er, wie wichtig für ihn die Möglichkeit der Krankenkassen sei, Selektivverträge abzuschließen.

Für Professor Marckmann sollte die Titel-Frage des diesjährigen Forums „Gesundheitsversorgung gemeinsam gestalten?“ mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. „Kooperation im Gesundheitswesen ist kein Selbstzweck, sondern sollte nachgewiesene Vorteile im Hinblick auf ethische Anforderungen an die Versorgung aufweisen: Steigerung der (Netto-)Nutzens für die Patienten, Förderungen der Patientenautonomie, Beitrag zu einer Versorgungsgerechtigkeit und Steigerung der Effizienz“ erläuterte er.

An die Mittagspause, die alle Gäste und Referenten für einen regen Austausch und Netzwerkarbeit nutzten, schloss sich ein weiterer Impulsvortrag von Prof. Dr. J. Matthias Graf von der Schulenburg an. Sein Themenschwerpunkt „Was wünscht sich der Ökonom vom Gesundheitswesen?“. Seiner Ansicht nach hat die Gesundheitspolitik vier Aufgaben: den Erhalt und die finanzielle Stabilisierung des Gesundheitssystems; die effektive und effiziente Versorgung der Patienten die Definition dessen, was der Einzelne auf Kosten der Gemeinschaft der Krankenkassenversicherten erhalten kann und soll; und die gerechte Verteilung der Lasten und Nutzen des Gesundheitssystems. „Der Ökonom wünscht sich von der Gesundheitspolitik, dass sie sich ganz auf diese Aufgaben konzentriert und nicht in ideologischen Kleinkriegsschauplätzen verliert“, sagte Schulenburg. Solche Kriegsschauplätze seien die Diskussionen um die Bürgerversicherung, die immer größere Verfeinerung des Risikostrukturausgleichs, die Praxisgebühr, die Krankenkassenzusatzbeiträge und die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern im Gesundheitswesen.

Die kontroverse Podiumsdiskussion mit den genannten Referenten und dem Publikum füllte den Nachmittag aus. Gerade die Frage Ethik versus Ökonomie wurde dabei weiter vertieft.

Hintergrundinformation:

Mehr rund um das Forum sowie die Pressemitteilung können Interessierte im Internet nachlesen.