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Neuer Studiengang an der Hochschule: Und was kann man damit machen?

1.12.2014 |

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Seit Beginn des Wintersemesters arbeiten 45 sportliche junge Leute an ihrem Bachelor in Trainingswissenschaften

Antonia Gnan aus Amberg hat auf diese Gelegenheit schon lange gehofft. Sobald es möglich war, hat die Studentin von Wirtschaftsinformatik auf angewandte Trainingswissenschaften gewechselt. "Ich war schon in mehreren Vereinen und verschiedenen Sportarten aktiv", erzählt sie. Nach dem Studium möchte sie hauptamtlich in einem Sportverband arbeiten und dort kleinere Verbände koordinieren. Ebenso klare Vorstellungen hat ihr Kommilitone Eric Nestler aus Fürstenfeldbruck: Er ist gleich nach dem Abitur in den nagelneuen Studiengang eingestiegen. Rehasport ist sein großes Interesse – entweder will er einmal mit einer eigenen Praxis selbstständig sein, oder er geht in ein Fitnessstudio, "das ist von der Arbeit her ja sehr ähnlich".

 

Insgesamt 45 sportliche junge Leute, etwa die Hälfte davon Frauen, arbeiten seit dem Beginn des Wintersemesters auf ihren Bachelor hin – in einem Studiengang, den es so bisher noch nirgendwo gab. Nicht alle sind sich in der späteren Berufswahl so sicher wie Antonia und Eric: "Viele schauen sich das jetzt erst einmal an", weiß Eric. Dass sie die nötige Fitness und sportliche Erfahrung mitbringen, haben alle Studenten zuvor in einem Eignungstest unter Beweis gestellt.

Denn genau das ist die Zielgruppe für den ersten Studiengang, den die neue Fakultät Gesundheitswesen an der Technischen Hochschule Deggendorf anbietet: Die angewandten Trainingswissenschaften sollen sportaffine Abiturienten ansprechen, erklärten Hochschulpräsident Prof. Dr. Peter Sperber und Prof. Dr. Horst Kunhardt, Leiter des Instituts für angewandte Gesundheitswissenschaften. Das Bachelor-Studium eigne sich für alle, die einmal im organisierten Sport und Gesundheits-Sport arbeiten und dafür noch etwas mehr vorlegen wollen als eine Lehre. Das Interesse bei Schülern sei sehr groß, bestätigt Horst Kunhardt: "Eben weil es neu ist und spannend."

Der Unterschied zu anderen Studiengängen: Es gibt kein Praxissemester im fünften Halbjahr, dafür aber Praxis von Anfang an: Jeder der Studenten arbeitet einmal pro Woche in einem Verein in der Region als Übungsleiter-Praktikant. Und zwar ein Jahr lang im Bereich Mannschaftssport, ein Jahr im Individualsport und ein Jahr im Reha-Sport. "Bei uns ist zurzeit so ein Student", berichtet zum Beispiel Karl Hauser, Vorsitzender des Deggendorfer Rudervereins. "Der trainiert viel mit den Jugendlichen", das sei schon ein Gewinn für den Verein. Antonia Gnan macht das Gleiche in der Turnabteilung des TSV Deggendorf, und Eric Nestler, der früher auch schon in Turnieren Volleyball gespielt hat, in der Volleyball-Abteilung. Genauso sind Studenten beim Laufverein, bei den Mettener Handballern und weiteren Vereinen aktiv, erklärt Horst Kunhardt. Als Gegenleistung erwarten die Hochschul-Verantwortlichen, dass die Vereine die Studierenden jeweils ein Jahr lang begleiten, betreuen und zu Übungsleitern ausbilden. Unterstützt wird das vom Bayerischen Landessportverband (BLSV), mit dem Kunhardt und Sperber im Kontakt stehen, und von gut 30 Vereinen aus Stadt und Landkreis Deggendorf, die sie im Vorfeld zum Gespräch eingeladen hatten.

Studenten arbeiten als Trainer in den Vereinen

Aber was die Ausbildung der Studenten betrifft, ist das natürlich nur ein Baustein. Unterrichtet werden sie in Fächern wie Anatomie, Biophysik und Biochemie. In der Ernährungslehre lernen sie auch, wie sich Essen, Trinken und Rauchen auf die Genetik auswirken, sie werden in sozialer Kompetenz geschult und darin, wie man die Wirksamkeit von Sport im Labor nachweist. Die Ethik im Sport befasst sich zum Beispiel mit Doping, die Trainingslehre damit, wie man Trainingspläne schreibt. Die Sportpraxis macht man in den eigenen Lieblingssportarten, aber auch in unbekannten, an die man sich herantasten darf.

Der theoretische Unterricht findet, bis die neuen Räume in Metten fertig werden, in den Gebäuden der Hochschule statt. Im zweiten Stock des Degg’s hat die TH außerdem eine frühere Praxis mit rund 400 Quadratmetern Grundfläche angemietet, die von Haus aus schon ideal geschnitten war. Dort arbeitet Diplom-Sportlehrer Christian Kerschl mit den Studierenden, für die ein Kraftraum, ein Ausdauersportraum mit Ergometern sowie ein Labor zur Verfügung

Die Räume im Degg’s will die TH behalten

stehen, in dem auch ein Laufband mit verschiedenen Messeinrichtungen für die Körperwerte steht. Auch für ein Büro war noch Platz – Räume, die die Hochschule behalten wird, auch wenn das Gesundheitswesen in Metten eingezogen ist. Vor allem werden die angehenden Trainingswissenschaftler dort in die verschiedenen Geräte eingewiesen und lernen dabei auch, wo sie wie anatomisch wirken.

Geschwommen wird im elypso und ansonsten dürfen die Studierenden ihre Sportarten in der Dreifachturnhalle des Comenius-Gymnasiums ausüben – das laut Horst Kunhardt ebenfalls erklärter Partner des Studiengangs ist. Genauso wie die Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen in der Schweiz: Der Studenten-Austausch, der dorthin gepflegt wird, ist etwas ganz Besonderes. Denn dort erleben die Gäste, wie Hochleistungssportler in vielen Bereichen trainiert werden – und da ist auch schon das eine oder andere Mitglied der schweizerischen Nationalmannschaften dabei.

Wer am Ende den Bachelor in Trainingswissenschaften in den Händen hält, hat eine Menge Einsatzmöglichkeiten: Allein 1600 Vereine in Niederbayern sind im BLSV organisiert, weiß Horst Kunhardt – und davon habe die Hälfte über 1000 Mitglieder. Sie brauchen zum großen Teil hauptamtliche Trainer, die oft schwer zu bekommen sind. Fitnessstudios haben mit studierten Trainern ebenfalls ein Pfund, mit dem sie wuchern können – und die Absolventen verstehen zudem viel von der Organisation der betrieblichen Abläufe. Das kann sie auch im betrieblichen Gesundheitsmanagement zu begehrten Mitarbeitern machen – ein Thema, um das sich auch immer mehr kleine und mittelständische Betriebe kümmern. Die Bachelors können ebenso begleitende Lehrer in Sportklassen sein, eventuell auch ein Sport- Lehramtsstudium draufsatteln.

Dass Deggendorf seinen vom Gesundheitsministerium verliehenen Titel als Gesundheitsregion lebt, sehe man nicht nur an der Hochschule, so Kunhardt: 1000 Sportabzeichen und die Sport-Aktionen auf der Landesgartenschau zeigen, dass man schon viele Leute motivieren könne. Und schließlich sei der Sport auch wichtig im Zusammenhang mit den Flüchtlingen, die in die Region kommen: "Sport ist integrativ, da versteht man sich ohne Worte."

Quelle: PNP vom 28.11.2014
Autorin: Katrin Schreiber
Foto: Binder

Fakultät Gesundheitswesen: Ein Zeitplan unter Vollgas

"Wie immer machen wir unter Vollgas weiter", sagt Präsident Prof. Dr. Peter Sperber schmunzelnd – und meint damit den Aufbau einer sechsten Fakultät innerhalb kürzester Zeit: Das Gesundheitswesen ist heuer mit dem Studiengang angewandte Trainingswissenschaften am Institut für angewandte Gesundheitswissenschaften der Technischen Hochschule Deggendorf gestartet. Für die endgültig nötigen drei Professoren und eine Lehrkraft laufen zum Teil noch Bewerbungsgespräche – das Interesse ist sehr groß. Insgesamt 14 zusätzliche Mitarbeiter der Hochschule werden zukünftig in Metten ansässig sein.

Denn in einem Jahr sollen noch drei weitere Studiengänge starten, die gerade das Genehmigungsverfahren im Wissenschaftsministerium durchlaufen: Pflege dual, Gesundheitsinformatik und angewandte Gesundheitswissenschaften. Auch letztere sind ein duales Studium: Zunächst lernen die jungen Leute in der Physiotherapieschule den Beruf des Physiotherapeuten. Begleitet werden soll die dreijährige Ausbildung von einzelnen Vorlesungen in der TH. Nach dem Abschluss wechseln die Studierenden komplett an die Hochschule, um vier Semester bis zum Bachelor-Abschluss dranzuhängen. Weil die Studierenden in den drei Jahren der Ausbildung noch keine Räume in der Hochschule brauchen, kann der Studiengang schon zum Wintersemester 2015/16 losgehen.

Genauso wie Pflege dual, was zusätzlich zu den bisherigen nebenberuflichen Studiengängen im Pflegebereich installiert werden soll. Dieser Studiengang vereint wie die angewandten Gesundheitswissenschaften die Aus- und die Weiterbildung. Für die – nicht allzu ferne – Zukunft geplant sind außerdem als weitere Bachelor-Studiengänge Gesundheitsmanagement und Gesundheitsökonomie. Weitere Überlegungen gehen in Richtung Master-Programme.

In Metten handeln Staatsregierung und Kloster gerade die Details für den Mietvertrag für die freien Räume aus. Ist er unterschrieben, kann es im Frühjahr 2015 mit dem Umbau losgehen. Peter Sperber rechnet damit, dass erste einzelne Räume 2016 bezogen werden können, der 4000 Quadratmeter große Bauabschnitt 1 im Jahr 2017 und der halb so große Bauabschnitt 2 im folgenden Jahr. Dann sei man für 800 bis 1000 Studierende im Gesundheitswesen gerüstet.

Gleichzeitig wird das internationale Studium am Standort Pfarrkirchen aufgebaut. Es ist überwiegend englischsprachig – begleitet von Deutsch-Kursen – und soll vor allem Interessenten aus den osteuropäischen Ländern ansprechen, die schon heute in vielen Gesundheitsberufen tätig sind. Von der Stadt Pfarrkirchen mietet die Hochschule rund 2000 Quadratmeter in einem Gründerzentrum an, in dem ab dem Wintersemester 2015/16 der internationale Bachelor-Studiengang Gesundheits- und Medizintourismus sowie Master of international Tourist-Management und Master e-Health angeboten werden sollen. Inklusive Professoren sollen acht TH-Mitarbeiter in Pfarrkirchen angestellt werden.

Insgesamt verspricht sich Peter Sperber vom Gesundheitswesen gute Synergien zu den technischen Bereichen der TH, zum Beispiel, was die benötigten Labor-Geräte betrifft: "Wir haben dann alles, was wir brauchen."

Quele: PNP vom 01.12.2014