25.9.2018 |
„Mir war klar: Das wird kein Kindergeburtstag“
Drei Studenten berichten aus ihrem Alltag in einem dualen Studium – Der Spagat aus Praxis und Theorie ist für alle eine Herausforderung
06.09.2018 | Passauer Neue Presse - Studenten wird viel nachgesagt: Faul, feierwütig und ständig pleite seien die angehenden Akademi-ker – jedenfalls nach den gängigen Klischees. Dass es solche und solche gibt, zeigt ein Blick auf das Leben dreier dualer Studenten, die versuchen den Spagat zwischen theoretischem Wissen und beruf-licher Praxis zu meistern.
Martin Hoffmann (22) studiert im vierten Semester „Pflege Dual“, einen noch sehr jungen Bachelorstudiengang an der TH Deggendorf: Der gebürtige Passauer ist Teil des erst zweiten Jahrgangs überhaupt. Seine Berufserfahrung sammelt er im Passauer Klinikum.
Wie kamen Sie gerade zu diesem Studiengang?
Nach dem Abitur in Untergriesbach habe ich ja zuerst Chemie studiert. Da habe ich aber schnell gemerkt, dass mir dabei die Praxis zu kurz kommt. Mit der Krankenpflege hatte ich eigentlich schon immer geliebäugelt und als ich diesen dualen Studiengang in Deggendorf entdeckt habe, war mir klar, dass ich das machen will.
Wie sieht Ihr Alltag an der Uni und im Beruf aus?
Mein Studium dauert neun Semester und ist eher praxisorientiert: Meine Arbeit unterscheidet sich kaum von der ausgebildeter Krankenpfleger. Ich sammle im Klinikum Erfahrungen über die verschiedenen Pflegebedingungen in der Psychiatrie, der Dialyse, der Notaufnahme oder auch bei Außeneinsätzen in der Kinderklinik oder der ambulanten Krankenpflege. Den theoretischen Teil habe ich an ein paar Tagen im Monat dann an der TH in Deggendorf. Dabei geht es in jedem Semester um ein anderes Thema, das dann in einer Prüfung abgefragt wird.
Was sind die Vor- und Nachteile Ihres dualen Studiums?
Das Studium fördert auf jeden Fall das kritische Denken, zum Beispiel haben wir uns im theoreti-schen Teil schon mit Fragen der medizinischen Ethik befasst. Natürlich ist auch das Gehalt ein positiver Faktor: So bin ich unabhängig von meinen Eltern, habe eine eigene Wohnung und kann selbstständig meinen Urlaub planen. Nicht so gut gefällt es mir, dass zwischen Theorie und Praxis oft eine große Zeitspanne liegt: Da ist man zwei Tage an der Uni, kommt gerade wieder rein und ist dann schon wieder drei Wochen nur im Job.
Haben Sie das Gefühl genügend Freizeit zu haben?
Insgesamt habe ich genügend Freizeit. Nur in den Prüfungsphasen wird es eng, da ich ja noch nebenher arbeite und dann noch lernen muss. Aber ich finde, das passt schon so.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Das ist schwierig zu sagen. Ich werde erst einmal schauen, ob es überhaupt Jobs für mich gibt. Jedenfalls möchte ich nach dem Bachelor erst längere Zeit arbeiten, um Erfahrungen zu sammeln. Im Anschluss kann ich mir auch einen Masterstudiengang sehr gut vorstellen.
Tamara Scherer (21) kommt aus Hofkirchen und studiert im vierten Semester Wirtschaftsinformatik an der TH Deggendorf. Den Praxisteil absolviert sie bei ZF in Passau.
Wie kamen Sie gerade zu diesem Studiengang?
Mein Abitur habe ich in Vilshofen mit der Note 1,3 gemacht. Es war mir von Anfang an wichtig, hier in der Region bleiben zu können, und da ich schon zwei Praktika bei der ZF gemacht hatte lag das natürlich nahe. Auch dass es eine große und international agierende Firma ist, hat mich angesprochen. Außerdem habe ich mich schon immer für Mathe, Physik und Informatik begeistert, deswegen wollte ich auch studientechnisch in diese Richtung gehen.
Wie sieht ihr Alltag an der Uni und im Beruf aus?
In Deggendorf habe ich Vorlesungen sowohl im Bereich BWL als auch in der IT. Da die Vorlesungen in kleineren Gruppen stattfinden hat man auch persönlichen Kontakt mit den Professoren. Neben den Vorlesungen war ich in den vergangenen Semestern noch als Tutorin in Mathematik und als Study Buddy tätig. Hier gibt man ausländischen Studenten Nachhilfe in allen Fächern, bei denen sie Verständnisprobleme haben. Man kann auch ein Auslandssemester machen, deswegen darf ich im Frühjahr an die kanadische Lakehead University in Thunder Bay. Der Praxisteil ist bei ZF so aufgebaut, dass man erst ein Lehrjahr hat, bei dem man auch über die Berufsschule grundlegende Kenntnisse erlangt. In verschiedenen Projekten der Programmierung lernt man dann den IT-Teil. Im Studium sind es dann immer die Semesterferien, in denen die Arbeit auf dem Programm steht.
Was sind die Vor- und Nachteile Ihres dualen Studiums?
Toll finde ich, dass man die Theorie sofort in die Praxis umsetzen kann. Auch dass der Anfang des Studiums durch die einjährige Erfahrung in Arbeit und Berufsschule erleichtert wird und man so später bessere Jobaussichten hat. Die Nachteile sind natürlich, dass man weniger Freizeit als andere Studenten hat und es auch einen gewissen Erfolgsdruck gibt.
Haben Sie das Gefühl genügend Freizeit zu haben?
Es ist wie gesagt weniger als bei anderen Studenten: Wenn ich aus einer anstrengenden Prüfungs-phase komme habe ich eben keine Ferien, sondern muss wieder in die Arbeit. Aber das war mir ja schon vorher bewusst und außerdem muss ich mir dann auch keinen Nebenjob suchen.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Wenn ich meinen Bachelor hoffentlich gut abgeschlossen habe, möchte ich noch einen Master dranhängen. Danach wäre eine Stelle bei ZF in Passau mein Wunsch.
Alexander Fürstberger (25) ist gebürtiger Pfarrkirchner und studiert BWL mit dem Schwerpunkt Versicherungen an der DHBW Mannheim. Einen Blick in den Berufsalltag erhascht er bei der Allianzzweigstelle in Passau. Er steckt in den letzten Zügen seiner Ausbildung und arbeitet ab Oktober als Selbstständiger in Kößlarn.
Wie kamen Sie gerade zu diesem Studiengang?
Nach dem Abitur in Pfarrkirchen habe ich eine zweieinhalb Jahre lange Ausbildung zum Kaufmann bei der Allianz gemacht. Danach habe ich noch ein Jahr weiter gearbeitet, um mehr Erfahrungen zu sammeln. Eigentlich wollte ich nicht studieren, aber ich musste feststellen, dass man so mehr Möglichkeiten im Beruf hat. So kam ich zum BWL-Studium an der DHBW in Mannheim.
Wie sieht ihr Alltag an der Uni und im Beruf aus?
Das Studium dauert sechs Semester, die man an der Mannheimer Uni verbringt. In den Vorlesungen hatten wir immer etwa die Größe einer Schulklasse mit 20 bis 30 Studenten – und natürlich Anwesenheitspflicht. Immer in den Ferien habe ich dann in den Allianz-Geschäftsstellen in Passau, Simbach und Kößlarn gearbeitet. Da geht es dann gerade um die Beratung der Kundschaft. Man bekommt aber auch eine Vorgabe wie viele Kundentermine man zu bewältigen hat.
Was sind die Vor- und Nachteile Ihres dualen Studiums?
Man wird richtig eingearbeitet und ist sofort ein echter Teil des Betriebs, das hat mir besonders gefallen. Auch dass man nach dem Studium direkt übernommen wird, ist eine tolle Sache. Einzig das Privatleben leidet eben unter dem dualen Studium.
Haben Sie das Gefühl genügend Freizeit zu haben?
Wenn man mal 16 Prüfungen in einem Semester hat und dann noch neben der praktischen Arbeit Seminararbeiten schreiben muss, kann es natürlich stressig werden. Aber ich wusste worauf ich mich da einlasse. Mir war klar: Das wird kein Kindergeburtstag. Und jedem muss auch bewusst sein, dass man bei diesem Studium auf gar keinen Fall faul sein darf. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass ich alles wieder so machen würde.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ab Oktober übernehme ich ja die Allianz-Geschäftsstelle in Kößlarn als Selbstständiger. Das war immer mein Traum und ich hoffe, dass ich bis dahin ein erfolgreiches Geschäft führe.